Neufundland Nord
- Kirsten
- August 26, 2025
- geschichte natur wandern
Der Norden von Neufundland für Geschichtsinteressierte: Hier kann man – von den Innu über die Wikinger bis zu den französischen Siedlern ab dem 17. Jahrhundert – einen kompletten Rundumschlag durch die Geschichte bekommen.
Port au Coux
Die Franzosen haben nicht nur in Québec ihre Spuren hinterlassen, auch auf Neufundland haben sie Fischerei betrieben und mehrere Siedlungen gegründet. In vielen Regionen Neufundlands sind französische Ortsnamen und eine nicht zu unterschätzende Anzahl französischer Brotöfen übrig geblieben.
In Port au Coux National Historic Sitegibt es ein sehenswertes Besucherzentrum und tolle Wanderwege. Auf ihnen findet man Informationen zu allen Siedlern der Gegend seit dem Ende der letzten Eiszeit. Das waren vor allem die Innu und Inuit. Wir wandern die große Runde vom Besucherzentrum zum Leuchtturm und wieder zurück. Dabei kommt man an Ausgrabungsstätten und Kunstwerken vorbei und läuft ein gutes Stück direkt am Meer auf den Leuchtturm zu.
Es gibt wohl auch eine Karibuherde in der Gegend, aber heute hat sie sich offenbar einen anderen Platz gesucht. Es ist zwar windig, aber eine schöne Runde zum Laufen. Wer es eiliger hat, kann auch mit dem Auto zum Leuchtturm fahren.
Für 12 CAD kann man am anderen Ende des Dorfs frisches Brot aus dem französischen Brotofen und Marmelade verkosten. Wir verzichten und investieren das Geld lieber in einen Einkauf im örtlichen Supermarkt.
Noch mehr Frankreich gibt es südlich von Neufundland. Wer an französische Überseegebiete denkt, hat vermutlich zuerst Traumstrände in der Karibik oder im Pazifik vor Augen. Tatsächlich liegt südlich von Neufundland die Inselgruppe Saint-Pierre und Miquelon. Diese acht Inseln und ihre etwa 6.000 Einwohner gehören als Überseegebiet zu Frankreich.
Der Euro ist offizielles Zahlungsmittel und die Einwohner sind Bürger der Europäischen Union – auch wenn die Inselgruppe weder zum Schengenraum noch zur Zollunion gehört.
St. Anthony
Das Dorf St. Anthony liegt an der Nordspitze von Neufundland. Das “Schwimmbad” ist keinen Besuch wert und könnte gut eine Renovierung vertragen. Als wir das erste Mal zum Leuchtturm fahren, ist es so neblig, dass wir das Wasser nur hören können und der Leuchtturm lediglich das Nebelhorn eingeschaltet hat. Am nächsten Morgen, bei strahlend blauem Himmel, sieht alles schon deutlich freundlicher aus. Die Bucht mit ihren Fischerbooten und Spazierwegen wirkt sehr einladend. Im Frühsommer ist dies ein beliebter Ort, um Eisberge zu sehen. Das Auto kann man direkt am Leuchtturm mit Blick aufs Wasser parken. Wir kommen mit einem Rentner ins Gespräch, der jeden Tag mindestens einmal hierher fährt, um zu schauen, was das Meer heute zu bieten hat. Er erzählt dies und das und zeigt uns am Ende noch Bilder, wie ein Eisbär durch seinen Garten stapft. Die Eisbären folgen im Frühjahr den Robben auf den Eisschollen nach Süden. Irgendwann gehen sie wieder an Land und machen sich auf den Rückweg nach Norden. Ihr Ziel liegt in Labrador, sodass sie auch noch die Strait of Belle Isle durchschwimmen müssen. Heute könnten wir höchstens einen ausgestopften Bären im nahegelegenen Souvenirladen sehen. Tatsächlich werden wir hier aber noch den Rest eines Eisbergs entdecken. Wir machen anschließend noch eine Laufrunde und werden dort nach über 400 Treppenstufen mit dem Blick auf den kleinen Eiswürfel belohnt. Die große Show der Eisberge haben wir zwar verpasst, aber für einen tollen Ausblick und schöne Wanderungen lohnt sich St. Anthony auf alle Fälle. Schwimmen sollte man, wenn überhaupt, lieber draußen im Meer.
Wikinger
Ich hatte die Wikinger bereits im Reiseblog zu Bonavista erwähnt. An der Nordspitze von Neufundland wurden Reste einer Wikingersiedlung aus dem 11. Jahrhundert gefunden – die ältesten Spuren europäischer Siedler in Nordamerika. L’Anse aux Meadows National Historic Site bietet nicht nur eine tolle Ausstellung, sondern auch einen Nachbau von Teilen des Dorfes. Anstatt sich nur Infotafeln durchzulesen, kann man im Dorf mit als Wikingern verkleideten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ins Gespräch kommen, die vom damaligen Alltag berichten. Das gesamte Areal ist seit 1978 UNESCO Weltkulturerbe. Die Wikinger, die hier in drei Abschnitten insgesamt nur rund zehn Jahre lebten, kamen nicht direkt aus Norwegen. Vielmehr waren sie Mitglieder einer Gruppe, die nach Island verbannt wurde und auf der Suche nach Bauholz über Grönland nach Neufundland gelangt ist. Das Gelände ist nicht allzu groß. Man kann zuerst die Ausstellung besuchen und anschließend einen Streifzug über das Außengelände machen. Wer Zeit hat, sollte den kleinen Spaziergang am Wasser entlang unternehmen und ein kleines Geschenk für die Feen mitbringen, deren Häuser überall am Wegesrand stehen. Eine kurze Autofahrt von L’Anse aux Meadows entfernt befindet sich eine Statue von Leif Erikson, der die erste Expedition nach Neufundland geführt hat. Diese Statue ist die neueste in einem Quartett identischer Standbilder in Trondheim (Norwegen), Brattahlid (Grönland), Seattle (USA) und hier. Die erste Statue wurde 1936 in Seattle von August Werner, einem Professor für Musik an der University of Washington, errichtet. Sie sollte ein Zeichen der großen skandinavisch-amerikanischen Gemeinschaft in Seattle sein. Die anderen Orte haben tatsächliche historische Verbindungen zu Leif Erikson oder seinem Vater Erik Thorvaldsson.